Wegfall des Eigenbedarfs vor Ende der Kündigungsfrist
Kündigt ein Vermieter weil er seine Räume selbst braucht geht das in Ordnung. Doch was passiert bei einem Wegfall des Eigenbedarfs vor Ende der Kündigungsfrist?
Der Fall:
Eine Vermieterin kündigte den Mietvertrag wegen Eigenbedarfs. Bislang lebte sie in einer anderen Stadt. Nun aber hatte sie in Berlin, wo die Wohnung liegt, Jobs gefunden und brauchte die Wohnung selbst.
Die Vermieterin war als Stuntfrau und Sanitäterin tätig. Diese Tätigkeiten konnte sie nicht mehr ausüben nachdem sie einen Unfall erlitten hatte und sie körperlich für längere Zeit nicht ausreichend fit war. Daher hat sie die Stellen in Berlin nicht angetreten und wollte auch nicht mehr dorthin ziehen. Es kam also zum Wegfall des Eigenbedarfs vor Ende der Kündigungsfrist. Als später dann die Kündigungsfrist abgelaufen war, die Mieterin aber nicht auszog, klagte die Vermieterin trotzdem auf Herausgabe der Wohnung.
Das Urteil:
Das Amtsgericht hatte der Vermieterin zunächst auch Recht gegeben. Juristisch ist das auch korrekt.
Eine Kündigung beerdigt ein Vertragsverhältnis. Es ist damit sozusagen „Hirntod“. Eine Wiederbelebung dieses Vertragsverhältnisses ist damit nicht mehr möglich. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob sich die Verhältnisse im Nachhinein ändern. Tot bleibt tot. Man könnte einen so beendeten Vertrag allenfalls neu schließen. Das ist dann ein neuer Vertrag gleichen Inhalts aber nicht mehr der alte Vertrag.
Nach Einlegung der Berufung hatte das Landgericht Berlin die Sache unter dem Aktenzeichen 67 S 9/18 auf dem Tisch. Es hat die Sache juristisch wohl ebenso gesehen, wollte aber vielleicht zu einem anderen Ergebnis kommen. Jedenfalls hat es nicht an der Frage angesetzt, ob der Vertrag noch besteht. Jedenfalls kam es zu dem Schlulss, dass es ein Missbrauch des Rechts wäre die Räumungsklage nach Wegfall des Eigenbedarfs vor Ende der Kündigungsfrist zu erheben und diese daher abgewiesen. Die Mieterin kann drin bleiben.
Eigene Stellungnahme:
Das Urteil ist aus unserer Sicht problematisch. Im Endeffekt heißt es nämlich, dass die Mieterin weiter wohnen kann, ohne dass hierfür eine Rechtsgrundlage besteht. Immerhin benutzt sie fremdes Eigentum.
Auch tut sich hier eine einseitige Belastung für den Vermieter auf. Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen die zu Lasten des Vermieters gehen wirken nämlich nach. Änderungen, die zu Lasten des Mieters gehen aber wirken nicht so leicht nach.
Ein Tipp:
Eine Mietvertragskündigung muss begründet werden. Wenn danach weitere Kündigungsgründe eintreten machen die eine unwirksame oder unwirksam gewordene Kündigung nicht mehr wirksam.
Genaugenommen muss das Gericht bei einer Räumungsklage gar nicht entscheiden, ob eine Kündigung wirksam ist. Die Frage ist, ob ein Mietverhältnis besteht. Da ein solches meist mal bestanden hat, entscheidet sich die Frage nach einem Mietverhältnis meist dann doch anhand der Frage ob es wirksam gekündigt wurde.
Für eine wirksame Beendigung eines Mietverhältnisses durch Kündigung aber muss zum Zeitpunkt des Urteils nur eine Kündigung wirksam sein. Ob da noch zweieinhalbtausend unwirksame Kündigungen waren interessiert nicht.
Wenn Sie ein Mietverhältnis beenden wollen und sich nach der ersten Kündigung ein weiterer Kündigungsgrund ergibt, dann sollten Sie die Kündigung mit dem neuen Grund unbedingt nochmal aussprechen.
Doch Vorsicht: Kündigungsgründe von denen Sie bei der ersten Kündigung schon wussten, die Sie aber in die Begründung nicht aufgenommen haben, sind verbrannt. Überlegen Sie also lieber nochmal bevor Sie eine Kündigung rausschicken und führen Sie alle möglichen Gründe in dem Schreiben auf. Sollte ein Gericht später einen Kündigungsgrund nicht anerkennen, bleiben Ihnen die anderen noch immer.