VG Augsburg: Erteilt eine Gemeinde ihr Einvernehmen mit einem Bauvorhaben ist sie daran gebunden und kann es nicht im Wege einer Veränderungssperre verhindern.

Augsburg, 15. März 2018
Pressemitteilung
Klage der Gemeinde gegen Müllumschlagplatz
abgewiesen
Mit Urteil vom 7. März 2018, dessen Entscheidungsgründe nun vorliegen, hat das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg (VG Augsburg) eine Klage des Marktes Jettingen – Scheppach gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für eine Abfallanlage abgewiesen.
Das Landratsamt Günzburg genehmigte aufgrund eines mittlerweile vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof für wirkungslos erklärten Verpflichtungsurteils des Verwaltungsgerichts Augsburg von April 2017 die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur zeitweiligen Lagerung und Verladung von nicht gefährlichen Abfällen in einer geschlossenen Lagerhalle. Der Markt Jettingen – Scheppach hatte zu dem Vorhaben im Genehmigungsverfahren zunächst sein gemeindliches Einvernehmen erteilt, später jedoch aufgrund einer Unterschriftenliste von Anwohnern eine Veränderungssperre erlassen, um die Genehmigung noch zu stoppen.
Nach Auffassung des Gerichts sei der Markt durch die Erteilung der Genehmigung nicht in seiner gemeindlichen Planungshoheit und seinem Recht auf Beachtung der Veränderungssperre durch das Landratsamt verletzt. Die Veränderungssperre sei hier als Verhinderungsplanung zu sehen und bereits deswegen unwirksam. Unabhängig davon hätte sie dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden können. Denn im konkreten Fall erweise sich die nachgeschobene Veränderungssperre als treuwidrig. Der Markt könne nicht seine unbedingte Zustimmung zum Vorhaben erteilen und dadurch beim Vorhabenträger den Eindruck erwecken, gegen sein Vorhaben „nichts einzuwenden“, später aber dieses Vorhaben mittels einer Veränderungssperre verhindern wollen. Es sei einer Gemeinde zuzumuten, sich vor der Erteilung des Einvernehmens Klarheit über ihre Planungsvorstellungen und deren Sicherung durch eine Veränderungssperre zu verschaffen. Dafür genüge nach Ansicht des Gerichts die zweimonatige Frist zur Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens zu einem Vorhaben, weil die Anforderungen an den Erlass einer Veränderungssperre nicht allzu hoch seien. Sofern eine Gemeinde aufgrund eines beantragten Vorh
abens beabsichtige, eine (diesem widersprechende) Bauleitplanung durchzuführen, müsse sie sich an das Landratsamt wenden. Sie habe darauf hinzuweisen, dass das Vorhaben ihren Planungsabsichten widerspreche und dass sie von ihren planungsrechtlichen Sicherungsinstrumenten Gebrauch machen werde. Eine voreilige Erteilung des Einvernehmens schaffe andernfalls zugunsten des Vorhabenträgers eine Vertrauensposition. Dies gelte grundsätzlich bei unveränderter Sachund Rechtslage nach Erteilung des Einvernehmens.
Gegen das Urteil kann innerhalb einer Frist von einem Monat beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden.
Urteil vom 7. März 2018, Az. Au 4 K 17.869