Nun tu was ich will – sonst enterbe ich Dich!
Nun tu was ich will – sonst enterbe ich Dich! Kann ein Familiendespot mit dieser Drohung Druck ausüben?
Das Problem:
Genauso wie zu Lebzeiten möchte man für den Todesfall mit seinem Vermögen tun können was man möchte. Genauso wie zu Lebzeiten sind dem aber Grenzen gesetzt.
Im vorliegenden Fall wollte ein Opa von seinen Enkeln regelmäßig besucht werden. Um deren Motivation zu fördern schrieb er in sein Testament, dass eine Ehefrau und ein Sohn aus erster Ehe je 25% seines Vermögens erben sollten. Die andere Hälfte sollten die beiden Enkel aus der zweiten Ehe bekommen. Das aber nur, wenn sie ihn regelmäßig und mindestens sechsmal im Jahr besuchten. Das aber haben die Enkel nicht getan. Für diesen Fall sollten die anderen beiden Erben auch die andere Hälfte des Vermögens bekommen.
Nachdem der einsame Opa verstorben war haben die Ehefrau und der Sohn aus erster Ehe einen Erbschein beantragt. In diesem sollte stehen, dass sie beide je zur Hälfte Erbe sind. Das zuständige Nachlassgericht kam dem Wunsch der Beiden nach. Die Eltern der beiden Enkel haben sich hiergegen mit einer Beschwerde gewehrt.
Die Entscheidung:
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat der Beschwerde, die es unter dem Aktenzeichen 20 W 98/18 bearbeitet hat, am 05.02.2019 per Beschluss stattgeben. Dabei unterstreicht es zwar den Grundsatz der sogenannten Testierfreiheit, also des Rechts auch in einer letztwilligen Verfügung so entscheiden zu können wie man möchte. Diese ist sogar im Grundgesetz verankert. Es macht aber auch deutlich, dass dieses Recht dort seine Grenze findet wo die Verfügung des Erblassers gegen die guten Sitten verstößt, oder, auf gut Deutsch, eine Sauerei darstellt.
Dies ist dann gegeben, wenn der Erblasser die Entschlussfreiheit der Erben in spe so unter Druck setzt, dass es nicht mehr hinnehmbar ist. Dabei muss man die höchstpersönlichen oder wirtschaftlichen Umstände der in Aussicht genommenen Erben mit bedenken. Auch muss es Ziel des Erblassers sein durch das Winken mit dem Vermögen ein Verhalten zu erzeugen, dass normalerweise eine freie innere Überzeugung voraussetzt. Hier kann man nicht mehr Verallgemeinern. Es hängt vielmehr immer vom konkreten Einzelfall ab.
In diesem Fall ging es um mehrere Hunderttausend Euro. Der Druck war daher erheblich.
Das Gericht hat die Besuchsregelung daher als nichtig angesehen.
Die Frage ob die Enkel nun auch Erben werden war damit aber noch nicht geklärt. Hier musste das Gericht nach dem mutmaßlichen Willen des Erblassers forschen. Dabei war dem Gericht wichtig, dass der Erblasser es ja gerade auf eine enge Bindung zu seinen Enkeln abgesehen hatte. Sie müssen ihm daher wichtig gewesen sein. So kam es zu dem Schluss, dass der Erblasser die Enkel wohl ohne die Bedingung bedacht hätte, wenn er von deren Unwirksamkeit gewusst hätte.