Sachverständiger lädt nur eine der Parteien zu Ortstermin

Sachverständiger lädt nur eine der Parteien zu Ortstermin. Kann er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden?

 

Der Fall:

Worum es in dem Rechtsstreit ging, der der Entscheidung zugrunde lag ist gar nicht von Bedeutung. Diese Entscheidung befasste sich nämlich mit dem Weg auf dem das Gericht sich ein Bild von den tatsächlichen Umständen eines Falles machen muss, wenn es hierfür einen Sachverständigen zu Rate zieht. Das kommt jeden Tag vielfach vor und hat damit hohe praktische Bedeutung.

Auch in unserem Fall hat das Gericht sich den Sachverstand eines anderen zu Nutze gemacht und ein Sachverständigengutachten eingeholt. Geht so ein Gutachten bei Gericht ein, dann schickt es dieses an die Streitparteien. Das dürfte in diesem Fall die eine Partei, die Kläger, ziemlich überrascht haben. Sie musste nämlich lesen, dass sich der Sachverständige das Streitobjekt angesehen hatte. Davon wusste sie aber nichts, was schon ziemlich unüblich ist.

Dazu kam aber noch, dass der Prozessgegner sehr wohl davon gewusst hatte und dies nicht aufgrund irgendeines Zufalls, sondern weil der Sachverständige sie angeschrieben und zu dem Termin gebeten hatte. Das Vertrauen des Klägers in die Neutralität des Sachverständigen war damit zerstört. Daher tat sie, was man in so einem Fall tun muss. Sie lehnte den Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit ab.

Vom Gericht auf diesen Vorgang angesprochen, konnte der Sachverständige keine genauen Angaben dazu machen, wie sich der Termin abgespielt hat. Auch zur Frage was genau besprochen worden war, konnte er dem Gericht nicht zu dessen voller Befriedigung antworten.

Die Entscheidung:

Die Frage, ob die Ablehnung Erfolg hat, musste das Oberlandesgericht Karlsruhe treffen und hat das unter dem Aktenzeichen 8 U 97/15 auch getan. Es gab dem Kläger in seinem Vertrauensverlust recht.

Dabei stellte es fest, dass schon allein die Tatsache eines Treffens mit nur einer Partei den Anschein der Befangenheit rechtfertige. Dennoch hielt es ein solchen Vorgehen für machbar, wenn der Sachverständige nur Informationen aufnimmt. Da er aber den Ablauf nicht mehr im Detail hat darlegen können, durfte der Kläger vermuten, dass hier Informationen auch ausgetauscht wurden. Das aber widerspricht dem Prinzip der Waffengleichheit im Zivilprozess.

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