OLG Oldenburg: Auch Naturschutzverbände können bei Kauf landwirtschaftlicher Flächen priviligiert sein

Oberlandesgericht Oldenburg
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Pressemitteilung vom 11. Dezember 2012

„Bauernland in Bauernhand!“ – oder auch in die Hände von Naturschutzverbänden?

In einer aktuellen Entscheidung bestätigt das Oberlandesgericht Oldenburg, dass beim Verkauf von landwirtschaftlichen Flächen neben Landwirten auch Naturschutzverbände privilegiert sein können
(Az. 10 W 23/12).

Landwirtschaftliche Flächen können nicht ohne weiteres an jedermann verkauft werden. Erforderlich ist eine sogenannte Grundstücksverkehrsgenehmigung. Damit soll unter anderem verhindert werden, dass Flächen unwirtschaftlich verkleinert oder als Spekulationsobjekte von Nichtlandwirten gekauft werden.

In dem vom 10. Senat des Oberlandesgerichts Oldenburg zu entscheidenden Fall wollte ein Naturschutzverband landwirtschaftliche Flächen im Auricher Raum erwerben. Durch die Zusammenlegung mit eigenen Flächen des Naturschutzverbandes sollte ein Gesamtareal entstehen, auf dem der Verband ein Naturschutzprojekt zur Bewahrung eines besonderen Biotops und damit zum Erhalt vieler auf der Roten Liste stehender Pflanzen- und Tierarten betreiben wollte.

Der Landkreis Aurich lehnte die Erteilung einer Grundstücksverkehrsgenehmigung ab. Es gebe einen Landwirt, der die Flächen für seinen Betrieb benötige. Dessen Interessen gingen denen des Naturschutzverbandes vor. Das Landwirtschaftsgericht Aurich bestätigte diese Entscheidung.

Der Landwirtschaftssenat des Oberlandesgerichts sah dies jedoch anders: Eine Versagung nach § 9 GrdstVG sei nur möglich, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspreche. Aus den Agrarberichten der Bundesregierung ergebe sich, dass neben der Versorgung von Landwirten mit landwirtschaftlichen Flächen auch der Umwelt- und Naturschutz ein ganz wesentliches agrarstrukturelles Ziel sei. Projekte von Naturschutzverbänden könnten daher den Interessen von Landwirten gleichgestellt werden. Voraussetzung sei allerdings, dass es sich um ein konkretes, ernsthaft betriebenes und von der öffentlichen Hand gefördertes Projekt handele und der Verband die fraglichen Flächen für das Projekt dringend benötige.

Dies sei vorliegend der Fall. Das Land Niedersachsen fördere das Projekt „Besondere Biotoptypen“, durch das für den Naturschutz besonders bedeutsame und kulturbetonte Biotoptypen erhalten werden sollten. Zu diesem Projekt gehöre auch das Vorhaben des Naturschutzverbandes auf den Auricher Flächen, auf die der Verband zur Verwirklichung dieses Vorhabens angewiesen sei. Die Stadt Aurich habe dieses konkrete Projekt des Naturschutzverbandes durch die Überlassung
von Flächen gefördert. Der Landkreis Aurich habe das Projekt auch finanziell unterstützt. Unter diesen Umständen dürfe die Genehmigung des Landkreises zu dem Kaufvertrag zwischen dem Eigentümer der Flächen und dem Naturschutzverband nicht versagt werden.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Bettina von Teichmann und Logischen
-Pressesprecherin-