OLG Lüneburg: Geeichte Temperaturmessgeräte in Apotheken nicht mehr erforderlich

Geeichte Temperaturmessgeräte in Apotheken nicht mehr erforderlich

Die klagende Apothekerin wendete sich gegen einen Bescheid des Landesbetriebs Mess- und Eichwesen, der bei einer eichtechnischen Prüfung ein in ihrer Apotheke verwendetes Gerät zur Schmelzpunktbestimmung beanstandet hatte, weil es nicht eichfähig sei. Dies stelle einen Verstoß gegen das Gesetz über das Mess- und Eichwesen dar. Mit ihrer Klage hatte die Klägerin geltend gemacht, sie benutze zur Bestimmung des Schmelzpunktes, die für die Überprüfung der Identität von Ausgangsstoffen durchgeführt wird, keine eichfähigen „Anschütz-Thermometer“ mehr, sondern ein vollautomatisches Schmelzpunktbestimmungsgerät, dessen ordnungsgemäße Funktionsweise durch die jährliche Kalibrierung mit geeichten Substanzen gesichert werde. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und die Verfügung des Beklagten mit Wirkung vom 1. Februar 2009 aufgehoben. Zu diesem Zeitpunkt ist der 1. Nachtrag zur 6. Ausgabe des Europäischen Arzneibuchs in Kraft getreten.

Die vom beklagten Landesbetrieb dagegen eingelegte Berufung, die das Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hatte, hat der Senat mit Urteil vom 18. Mai 2012 – 7 LB 213/11 – zurückgewiesen und die Aufhebung der Verfügung im Ergebnis bestätigt. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides kann auch nach dem Erlasszeitpunkt gerichtlich geprüft und abschnittweise unterschiedlich beurteilt werden. Zwar ist das Arzneibuch, das seit dem vom Verwaltungsgericht bezeichneten Zeitpunkt in Apotheken auch die Verwendung automatischer – kalibrierter – Schmelzpunktbestimmungsgeräte erlaubt, die nicht geeicht zu werden brauchen, keine Rechtsnorm. Es wird jedoch als Sammlung fachlich anerkannter Regeln durch § 11 und § 6 der Apothekenbetriebsordnung ausdrücklich in Bezug genommen, so dass seine Vorgaben dadurch Regelungscharakter erlangen und damit in der Zusammenschau eine – spezielle – Rechtsvorschrift vorliegt, die dem grundsätzlichen Verwendungsverbot ungeeichter Messgeräte des Eichgesetzes vorgeht. Ohne Bedeutung ist deshalb, dass die europäische Richtlinie 2001/83/EG nicht für Arzneimittel gilt, die in einer Apotheke nach ärztlicher Verschreibung hergestellt werden.

Das Oberverwaltungsgericht hat damit eine in der deutschen Apothekenpraxis offenbar bereits weitgehend angewandte Methode auch rechtlich gebilligt.

Eine Revision gegen seine Entscheidung hat es nicht zugelassen.