OLG Hamm: Vertragsklausel mit unzureichend bestimmter Lieferfrist unzulässig

Pressemitteilung
Verbraucherschutz: Vertragsklauseln mit einer nicht hinreichend bestimmten
Lieferfrist sind unzulässig
Eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die sich der
Verwender eine nicht hinreichend bestimmte Frist für die Erbringung seiner
Leistung vorbehält, ist wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 1 BGB unwirksam.
Das hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 18.09.2012 entschieden
und damit eine Verurteilung der Beklagten zum Unterlassen des
Gebrauchs der beanstandeten Klausel durch das Landgericht Essen bestätigt.
Die in Dorsten ansässige Beklagte vertreibt Artikel, u.a. mit Traubenkernen
gefüllte Wärmepantoffeln, über die Internetplattform ebay. Als Konkurrentin
vertreibt die in Bielefeld ansässige Klägerin mit Leinensamen gefüllte Wärmepantoffeln.
Mit ihrer Wettbewerbsklage hat die Klägerin von der Beklagten
die Unterlassung des Gebrauchs folgender Vertragsklausel verlangt: „Angegebene
Lieferfristen stellen nur einen Richtwert dar und gelten daher nur annähernd
vereinbart (Zirka-Fristen)“.
Nach Auffassung des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm zu Recht.
Mit der Verwendung dieser Klausel verstoße die Beklagte gegen § 308 Nr. 1
BGB. Die Vorschrift sei eine Marktverhaltensregelung im Sinne des Gesetzes
gegen den unlauteren Wettbewerb, bei dessen Verletzung einem Wettbewerber
ein Unterlassungsanspruch zustehe. § 308 Nr. 1 BGB untersage einem
Verwender, sich in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht
hinreichend bestimmte Fristen für die Erbringung einer Leistung vorzubehalten,
und wolle verhindern, dass die Leistungszeit mehr oder weniger in sein
Belieben gestellt werde. Der Kunde müsse in der Lage sein, das Fristende
selbst zu erkennen oder zu errechnen. Das sei mit der beanstandeten Klausel
nicht möglich. Dass angegebene Lieferfristen „vereinbart“ seien, werde
durch den Zusatz „annähernd“ und den Hinweis darauf, dass sie nur einen
„Richtwert“ darstellten, eingeschränkt. Mit dem Klammerzusatz „Zirka-Fristen“
würden die Einschränkungen nicht dahingehend korrigiert, dass letztendlich
doch verbindliche Fristen vereinbart werden sollten.
Mit seiner Entscheidung vom 18.09.2012 hat der 4. Zivilsenat an seine Entscheidung
vom 12.01.2012 angeknüpft, mit der er ebenfalls eine Vertragsklausel
mit einer nicht hinreichend bestimmten Lieferfrist als unzulässig beanstandet
hat. In dem im Januar 2012 entschiedenen Fall hatte ein beklagtes
Unternehmen aus Rellingen, das bundesweit im Internet Waren verschiedener
Sortimentbereiche vertreibt, eine Vertragsklausel verwandt, nach der
„i.d.R. 3 – 4 Arbeitstage nach Zahlungseingang“ geliefert werde. Die mit dieser
Klausel bezeichnete Lieferfrist ist nach Auffassung des 4. Zivilsenats
nicht hinreichend bestimmt und deswegen gem. § 308 Nr. 1 BGB unzulässig,
weil die Klausel die Lieferzeit nur „in der Regel“ festlegt.
Urteile des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18.09.2012 (I-4
U 105/12) – nicht rechtskräftig (BGH I ZR 205/12) – und vom 12.01.2012 (I-4
U 107/11) – rechtskräftig –
Christian Nubbemeyer, Pressedezernent