OLG Frankfurt: Lebenslanges Stadionverbot zulässig
21.09.2017 – Pressemitteilung
Besteht die Gefahr, dass Fußballfans Spiele stören werden, sind bundesweite Stadionverbote grundsätzlich rechtmäßig. Das bekräftigte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit einem heute veröffentlichten Urteil und wies zugleich Schadensersatzansprüche betroffener Fußballfans zurück.
Die Kläger sind Fußballfans und Mitglieder eines Vereins sogenannter Ultras. Der Beklagte ist der Dachverband der deutschen Fußballvereine. Im Vorfeld eines Bundesligaspiels im März 2013 kam es am Flughafen Dortmund zu einem unfriedlichen Zusammentreffen von Mitgliedern verschiedener Fußballclubs. Gegen die Kläger wurden nachfolgend Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs eingeleitet. Der Beklagte sprach wegen dieser Ermittlungsverfahren gegen die Kläger bundesweite Stadionverbote unterschiedlicher Dauer aus. Die Kläger ließen diese mit anwaltlichen Schreiben zurückweisen. Nachdem die Staatsanwaltschaft die Ermittlungsverfahren gegen die Kläger im November 2013 eingestellt hatte, hob der Beklagte die Stadionverbote auf.
Die Kläger verlangen nunmehr Schadensersatz. Sie sind der Ansicht, die Stadionverbote seien unwirksam gewesen. Es fehle bereits an der Vorlage einer schriftlichen Vollmacht des Sicherheitsbeauftragten des Beklagten bei der Übersendung der Verbote. Außerdem liege Willkür vor. Der ihnen entgangene „Genuss der Spiele“ sei mit pauschal 500,00 € zu entschädigen. Daneben begehren sie Erstattung ihrer Rechtsanwaltskosten.
Das Landgericht hat den Klägern Schadensersatz in Höhe der Rechtsanwaltskosten zugesprochen. Die Stadionverbote seien mangels Vollmachtsvorlage bereits formal unwirksam. Weitere Schadensersatzansprüche bestünden dagegen nicht. Inhaltlich seien die Verbote gerechtfertigt gewesen.
Hiergegen haben sowohl die Kläger als auch der Beklagte Berufung beim OLG eingelegt. Die Kläger verlangen weiteren Schadensersatz, der Beklagten wendet sich gegen jede Zahlungsverpflichtung. Das OLG hat nunmehr erkannt, dass der Beklagte keinerlei Zahlungen an die Kläger zu leisten hat. Mit der Verhängung der Stadionverbote sei keine schwere Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Kläger verbunden gewesen, die einen Anspruch auf Geldent-schädigung rechtfertigen könnte. Der Ausspruch eines bundesweiten Stadionverbots sei vielmehr vom Hausrecht des Veranstalters gedeckt, wenn ein sachlicher Grund hierfür vorliege. Dies, so das OLG unter Bezugnahme auf höchstrichterliche Rechtsprechung, sei der Fall, „wenn aufgrund von objektiven Tatsachen, nicht aufgrund bloßer subjektiver Befürchtungen, die Gefahr besteht, dass künftige Störungen durch die betreffenden Personen zu besorgen sind.“ Eine solche Gefahr werde regelmäßig bei vorangegangenen rechtswidrigen Beeinträchtigungen vermutet. Stadion-verbote bezweckten eine präventive Wirkung. Dies rechtfertige es, sie auch gegen Besucher auszusprechen, „die zwar nicht wegen einer Straftat belangt werden, deren bisheriges Verhalten aber besorgen lässt, dass sie bei künftigen Spielen sicherheitsrelevanter Störungen verursachen werden.“ Der Beklagte habe damit zu Recht die Ermittlungsverfahren zum Anlass für den Ausspruch der Stadionverbote genommen. Die jeweilige Dauer der Stadionverbote sei auch nicht willkürlich gewesen. Der Beklagte habe vielmehr unterschiedliche Gefahrenprognosen erstellt und dabei berücksichtigt, ob die Kläger selbst „Waffen oder gefährliche Werkzeuge bei sich führten, ob sich in ihren Fahrzeugen derartige Gegenstände befanden und ob sie bereits mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten waren oder gegen sie bereits Stadionverbote verhängt worden waren.“
Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten. Der Beklagte habe die Kläger nicht widerrechtlich in ihren Rechtsgütern verletzt, da die Stadionverbote rechtmäßig erlassen worden seien. Selbst wenn formale Bedenken gegen den Verbotserlass bestünden, wäre damit kein rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Kläger verbunden.
Die Entscheidung kann nicht mit einem Rechtsmittel angefochten werden. Sie ist in Kürze unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de abrufbar.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 7. 9. 2017, Az. 1 U 175/16
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 13.10.2016, Az. 2/21 O 395/15)