Notarielles Verzeichnis bei fiktivem Nachlass: Einsicht in Kontoauszüge

Notarielles Verzeichnis bei fiktivem Nachlass: Einsicht in Kontoauszüge. Notar muss die letzten zehn Jahre prüfen.

 

 

Der Fall:

Nach einem Erbfall gab es eine Pflichtteilsberechtigte. Sie war also entweder Abkömmling des Erblassers oder Ehefrau und durch letztwillige Verfügung enterbt worden. Damit war sie in eine schwierige Situation geraten.

Als Pflichtteilsberechtigte nämlich hat sie nur einen Zahlungsanspruch gegen den Erben und dessen Höhe muss sie bestimmen. Das Problem eines Pflichtteilsberechtigten ist, dass er eben nicht Erbe wurde. Nur die Erben nämlich haben Ansprüche gegen Dritte auf Auskunft. Das heißt, dass Behörden, Banken und andere der Pflichtteilsberechtigten über das Vermögen des Erblassers nichts sagen dürfen. Diese Informationen bekommt nur der Erbe. Der Erbe ist also der Einzige, der sich ein umfassendes Bild über das geerbte Vermögen machen kann. Genau das aber braucht ein Pflichtteilsberechtigter um seinen Anteil ausrechnen zu können.

Daher gibt das Gesetz der Pflichtteilsberechtigten einen Anspruch gegen den Erben auf Auskunft über das Erblasservermögen. Damit aber wird der Bock zum Gärtner. Je höher nämlich der Wert des Nachlasses ist, desto höher ist der Anspruch der Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben. Da liegt es aus Erbensicht nahe vielleicht nicht alles anzugeben was der Erblasser hatte.

Umgekehrt führt das dazu, dann man als Pflichtteilsberechtigter nicht unbedingt volles Vertrauen in die Angaben des Erben hat. Daher kann er vom Erben verlangen, dass ein Notar das Nachlassverzeichnis erstellt. Dieses notarielle Nachlassverzeichnis ist aber nur bedingt hilfreich. Der Notar ist ja selbst auf die Informationen angewiesen, die nur einer hat: Der Erbe.

In unserem Fall ging es um den sogenannten fiktiven Nachlass. Das heißt, dass wenn ein Erblasser in den letzten 10 Jahren vor seinem Tod umfangreiche Geschenke gemacht hat bei der Berechnung des Wertes des Erbes zur Bestimmung des Pflichtteils so getan wird, als wäre es zu den Schenkungen nicht gekommen.

Der beauftragte Notar hatte die Kontoauszüge des Erblassers nicht eingesehen. Deswegen hielt die Pflichtteilsberechtigte die notarielle Auskunft für unzureichend.

Die Entscheidung:

Das OLG Hamm sah das in der Berufung auch so. Die Akte bearbeitete man dort unter dem Zeichen I-10 U 90/20.

Zwar obliegt es grundsätzlich dem Notar welche Anstrengungen er unternimmt. Gewisse Mindeststandards aber muss er beachten. Ein notarielles Verzeichnis bei fiktivem Nachlass muss die Prüfung der Kontoauszüge der letzten 10 Jahre umfassen.

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