Betriebliche Übung bei Irrtum über die Leistungspflicht?
Betriebliche Übung bei Irrtum über Leistungspflicht? Arbeitgeber muss Leistung freiwillig erbracht haben.
Der Fall:
In diesem Streit ging es um Ansprüche auf Gehalt. Für die genaue Berechnung des Gehalts waren verschiedene Tarifverträge heranzuziehen. Auf diese im Einzelnen einzugehen würde den Rahmen hier bei Weitem sprengen. Man kann es jedoch so zusammenfassen, dass der Arbeitgeber seinen Leuten versehentlich mehr Gehalt gezahlt hatte, als er eigentlich hätte zahlen müssen.
Dies kam daher, dass auch der Arbeitgeber bei der Anzahl von Tarifverträgen wohl den Überblick verloren hatte. Teile seiner Belegschaft waren bereits beim Vorvoreigentümer beschäftigt. Dies hatte wohl auch zur Verwirrung des Arbeitgebers bezüglich der anzuwendenden Tarifverträge geführt.
Irgendwann war dem Arbeitgeber aber wohl aufgefallen, dass er auch weniger hätte zahlen dürfen. Zwar verlangte er das überzahlte Gehalt nicht zurück, für die Zukunft jedoch wollte er es nicht weiter leisten. Damit war ein Mitarbeiter jedoch nicht einverstanden. Er klagte daher auf den Unterschied zwischen seinem neuen Gehalt und dem alten Gehalt.
Die Entscheidung:
Die Sache lief bis zum Bundesarbeitsgericht, wo man sie unter dem Aktenzeichen 4 AZR 443/17 bearbeitete. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts hatte der Beschäftigte jedoch keinen Anspruch auf den höheren Lohn. Zunächst stellte es fest, dass der Arbeitgeber tatsächlich nicht verpflichtet war diesen zu bezahlen. Der Tarifvertrag aus dem sich diese Summe ergab, galt nicht für den Arbeitgeber.
Der Arbeitnehmer war aber der Meinung, dass der Arbeitgeber trotzdem zahlen müsse. Dies unter dem Gesichtspunkt der sogenannten betrieblichen Übung. Bei der betrieblichen Übung entsteht eine Verpflichtung aus einem lange anhaltenden gleichförmigen Verhalten des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer kann dann unter Umständen darauf vertrauen, dass sein Chef auch weiterhin so spendabel ist.
Die Frage hier war, ob die betriebliche Übung bei Irrtum über die Leistungspflicht auch gilt. Das Bundesarbeitsgericht stellte aber fest, dass die betriebliche Übung voraussetzt, dass der Arbeitgeber eine Leistung freiwillig gibt. Freiwilligkeit wiederum setzt voraus, dass man sich bewusst ist es nicht machen zu müssen. Aufgrund der fehlerhaften Interpretation der Tarifverträge meinte der Arbeitgeber aber zahlen zu müssen.