Belegvorlage beim Pflichtteilsberechtigten
Belegvorlage beim Pflichtteilsberechtigten. Grundsätzlich keine Pflicht, auch bei Grundstücken.
Der Fall:
Wird jemand enterbt dann wird er, nun ja, nicht Erbe. Ist er Abkömmling oder Ehepartner, kann er den Pflichtteil verlangen. Das macht ihn aber nicht zum Erben, was ihn vor gewisse Probleme stellt.
Ohne Erbe zu sein hat er nämlich kaum Möglichkeiten herauszufinden, welchen Wert der Nachlass hat. Den muss er aber kennen, um seinen Anspruch beziffern zu können. Der Pflichtteil gibt ihm nämlich nur das Recht von dem Erben eine Zahlung in Geld zu verlangen. Dieser Zahlungsanspruch besteht in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Um ihn zu berechnen muss der Berechtigte also den Wert des Nachlasses ermitteln können. Nur Erben aber können von Banken, Versicherungen etc. Auskunft verlangen.
Um den Pflichtteilsberechtigten nicht ohne Handhabe dastehen zu lassen gibt das Gesetz ihm einen Auskunftsanspruch gegen den Erben. So entsteht häufig Streit, weil zumindest der Verdacht nahe liegt, dass der Erbe nicht das gesamte Vermögen des Erblassers preisgibt. Lässt er nämlich das ein oder andere unter den Tisch fallen, muss er dem Pflichtteilsberechtigten weniger Geld überweisen.
So eine Situation entstand im Jahr 2019 nach dem Tod einer Mutter und Ehefrau. Sie hatte ihren Mann zum Alleinerben eingesetzt und ihren Sohn damit enterbt und zum Pflichtteilsberechtigten gemacht. Er verlangte von seinem Vater per Klage Auskunft und Vorlage der Belege.
Zur Erbmasse gehörten landwirtschaftliche genutzte Flächen, die die Mutter verpachtet hatte. Der Sohn wollte diese Verträge sehen um die Pachteinnahmen seiner Wertermittlungen zugrunde legen zu können.
Die Entscheidung:
Das Landgericht verurteilte den Vater zu beidem. Gegen die Pflicht zur Belegvorlage ging dieser in Berufung zum Oberlandesgericht München. Dort behandelte man den Streit unter dem Aktenzeichen 33 U 325/21.
Das Oberlandesgericht hob die Verpflichtung zur Belegvorlage auf. Ausgangspunkt ist, dass eine allgemeine gesetzliche Pflicht zur Vorlage von Belegen nicht besteht. Sie kann nur ausnahmsweise gegeben sein, wenn die Wertermittlung sonst gar nicht möglich wäre. So, wenn ein Unternehmen Teil des Nachlasses ist und die Bestimmung des Unternehmenswertes ohne Vorlage von Unterlagen wie z.B. Bilanzen nicht möglich ist. Die zweite Ausnahme ist das Vorhandensein von Nachlassgegenständen deren Wert nur bei Vorlage einzelner Unterlagen bestimmt werden kann.
Den Wert von Grundstücken kann man aber durch Sachverständigengutachten ermitteln. Damit ist eine andere Möglichkeit der Wertermittlung gegeben und eine Ausnahme nicht nötig.