AG München: Waschstraßenautomatik

Pressemitteilung 74 vom 14.09.2018

Waschstraßenautomatik

Waschanlagenbetreiber, der bei automatikbetriebenen Fahrzeugen neueren Typs nicht darauf hinweist, dass die Zündung zur Verhinderung der Parksperre eingeschaltet sein muss, haftet für den daraus entstandenen Schaden

Das Amtsgericht München verurteilte am 06.09.2018 die Beklagte, ein Berliner Unternehmen, das eine Waschanlage in München-Am Hart betreibt, dem Münchner Kläger Ersatz des an seinem automatikgetriebenen BMW X 3 entstandenen Schadens in Höhe von 2.004,98 € an Reparaturaufwand, vorgerichtlichen Gutachterkosten von 649,00 € und vorgerichtlichen Anwaltskosten von 334,75 € zu bezahlen.

Am 25.01.2016 gegen 10.00 Uhr fuhr der Kläger das Fahrzeug in die Waschstraße ein, ohne Hinweis darauf, dass bei modernen Fahrzeugen dieser Art für eine sichere Benutzung der Waschstraße das Einschalten der Zündung während des Durchlaufens der Waschstraße erforderlich ist.  Der ausgehängte Hinweis lautete lediglich: „Gang raus, Automatik ‚N‘, Motor abstellen, Nicht lenken, Nicht bremsen“. Das Fahrzeug wurde während des Waschvorgangs zwei Mal aus der Schleppkette herausgehoben und rollte so nach rechts aus der Schleppkette heraus, dass es jeweils schräg in der Waschstraße stand.

Der Kläger trägt vor, das Fahrzeug sei zunächst einige Meter in der Schleppkette mitgeschleppt worden. Plötzlich habe sich das Fahrzeug nach rechts bewegt. Das Schleppband sei weitergelaufen und das Fahrzeug des Klägers habe sich vorne weiter nach rechts bewegt und sei in der Folge mit dem rechten Kotflügel an eine Säule gestoßen. In Panik habe der Kläger mehrfach die Hupe betätigt, bis ein Mitarbeiter der Beklagten die Waschstraße zum Stehen gebracht habe. Dem Kläger sei sodann versichert worden, dass dies nicht noch einmal passieren würde und man den entstandenen Schaden nach Verlassen der Waschstraße aufnehmen werde, so dass er das Fahrzeug wieder in die Spur hineinrangiert habe. Das Auto sei aber nach kurzer Zeit wieder nach rechts hinausgefahren und wieder schräg gestanden. Auch sei der Wagen erneut vorne rechts gegen irgendein Bauteil der Waschstraße gefahren mit der Folge, dass sich der Schaden am rechten Kotflügel verstärkt hätte. Es hätten sich gerade die Bürsten am Auto befunden, als der Kläger gehört habe, wie es hinten krachte und sah, dass hinten die Bürsten nach unten gedrückt und das Auto eingeklemmt wurde. Der Scheibenwischer an der Heckscheibe sei dann nach unten abgebrochen. Nach mehrfachem Hupen des Klägers sei erneut der Notausknopf gedrückt worden. Nun seien auf sein Verlangen die Bürsten hochgefahren worden, so dass er mit seinem Fahrzeug hinausfahren konnte. Im Anschluss seien die Schäden mit einem Mitarbeiter der Beklagten besichtigt und ein Schadensprotokoll aufgenommen worden.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass sie ihre Verkehrssicherungspflichten im Rahmen des ihr Zumutbaren auf dem Stand der Technik erfüllt habe. Überdies müsse der Kläger während des Waschvorgangs gelenkt oder gebremst haben, so dass von einem jegliche Haftung der Beklagten ausschließenden Mitverschulden des Klägers auszugehen sei.

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München hat durch Anhörung der Zeugen und des Sachverständigen Beweis erhoben und gab dem Kläger mit Ausnahme zweier Schadensposten, die nicht aus dem Vorfall entstanden sein können, Recht:
Der Sachverständige habe ausgeführt, dass bei moderneren automatikgetriebenen Fahrzeugen bei ausgeschalteter Zündung eine Parksperre greife, die im Zusammenwirken mit der Sicherheitsrolle und einem für den Radstand zu kurzen Rollenabstand zum Herausheben aus der Schlepprolle geeignet sei, wenn zu diesem Zeitpunkt die Parksperre, etwa durch Betätigung der Zündung, wieder aufgehoben würde. Waschstraßen seien wie hier oft noch nicht auf die immer länger werdenden Radabstände neuerer Fahrzeugtypen eingestellt.

„Entgegen der Auffassung der Beklagten ist vorliegend auch kein haftungsreduzierendes Mitverschulden des Klägers gem. § 254 BGB zu berücksichtigen. Zwar ist ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen (…) davon auszugehen, dass der Kläger bei Eingreifen der Parksperre in dem Moment, als das Fahrzeug mit dem linken Vorderrad auf die Schlepprolle getragen wurde, die Zündung wieder eingeschaltet hat. Jedoch konnte und musste der Kläger nicht wissen, dass aufgrund der Länge des Fahrzeugs sowie der Größe der Radabstände dies dazu führen würde, dass das Fahrzeug aufgrund des „Schutzeffekts“ der Sicherheitsrolle aus der Schleppkette heraus und nach rechts getragen werden würde.“
Der Waschstraßenbetreiber hat das Waschanlagensystem zwischenzeitlich ausgetauscht.

Urteil des Amtsgerichts München vom 06.09.2018, Aktenzeichen 213 C 9522/16
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Zur Originalpressemitteilung: https://www.justiz.bayern.de/gerichte-und-behoerden/amtsgerichte/muenchen/presse/2018/74.php