AG München: Haftung der Bank bei EC-Kartenmissbrauch

18. Juni 2012 – Pressemitteilung 30/12

Haftung der Bank bei EC-Kartenmissbrauch

Wird zeitnah nach dem Diebstahl einer EC-Karte unter Verwendung dieser Karte und Eingabe der richtigen PIN-Nummer an einem Geldautomaten Bargeld abgehoben, spricht der erste Anschein dafür, dass der Karteninhaber die Nummer auf der Karte notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt hat. Dieser muss dann konkrete Umstände vortragen und unter Beweis stellen, die diesen Anschein erschüttern.

Im Februar 2010 wurde die EC-Karte eines Ehepaars an einem Geldautomaten benutzt und damit 1010 Euro abgehoben. Das Ehepaar selbst hatte die Karte über ein Jahr nicht verwendet.

Als es die Abhebung feststellte, wandte es sich an die Bank und verlangte die Stornierung der Abbuchung. Am selben Morgen sei der Ehefrau in einem Supermarkt aus der Handtasche der Geldbeutel gestohlen worden. In diesem hätte sich auch die EC-Karte befunden. Man habe den Verlust zwar sofort gemeldet, aber die Abhebung sei noch vorher erfolgt. Weder im Geldbeutel noch auf der EC-Karte noch sonst irgendwo sei die PIN-Nummer vermerkt gewesen. Offensichtlich habe die Bank kein geeignetes Sicherungssystem gehabt.

Die Bank weigerte sich. Auf Grund der raschen Abhebung müsse irgendwo die PIN-Nummer zu finden gewesen sein.

Das Ehepaar erhob daraufhin Klage vor dem Amtsgericht München. Die zuständige Richterin wies diese jedoch ab:

Ein Anspruch auf Stornierung bestehe nicht. Die Abhebung sei mittels der richtigen PIN erfolgt. Werde zeitnah nach dem Diebstahl einer EC-Karte unter Verwendung dieser Karte und Eingabe der richtigen PIN an einem Geldautomaten Bargeld abgehoben, spreche grundsätzlich der erste Anschein dafür, dass der Karteninhaber die PIN auf der EC-Karte notiert oder gemeinsam mit dieser verwahrt habe. Die Kläger hätten keine konkreten Umstände vorgetragen und unter Beweis gestellt, die diesen ersten Anschein erschüttern könnten und aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergeben würde. Die Kläger konnten nicht erklären, wie ein Unbefugter Kenntnis von der PIN erlangt haben sollte beziehungsweise dass ein Ausspähen in örtlicher und zeitlicher Nähe vor der Abhebung erfolgt sei. Insbesondere da die Karte seit über einem Jahr nicht benutzt wurde, sei dies auch ausgeschlossen.

Allgemeine Behauptungen, wie Zweifel an einem Sicherungssystem bei der Bank seien spekulativ und daher nicht aussagekräftig. Auch aus den Bildern der Überwachungskamera ergäben sich keine Anhaltspunkte für eine technische Manipulation.

Das Urteil ist rechtskräftig.
Urteil des Amtsgerichts München vom 28.9.11, AZ 233 C 3757/11

Zusatz:
Obiges Urteil beruht auf der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 5.10.04, die auch vom Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 8.12.09 bestätigt wurde und stellt auch klar, dass auch nach Inkrafttreten des § 675 w Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) diese Grundsätze noch gelten.

§ 675 w BGB regelt die Frage, wer bei einer streitigen Abbuchung nachweisen muss, dass eine Autorisierung der Abbuchung erfolgte und der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß aufgezeichnet, verbucht und nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde. Dies ist im Regelfall der Zahlungsdienstleister, also die Bank. Trotzdem gilt auch hier der Anscheinsbeweis nach den oben genannten Grundsätzen.