AG München: Gewerkschaftszugehörigkeit keine Weltanschauung
12. März 2013 – Pressemitteilung 11/13
Die entgangene Wohnung
Es kann dahinstehen, ob jemand eine Wohnung nicht vermietet bekam, weil er Gewerkschaftsangehöriger ist. Auch unterstellt, dies wäre so gewesen, liegt darin kein Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Verboten sind nach diesem Gesetz Benachteiligungen aus Gründen der Weltanschauung. Die Gewerkschaftszugehörigkeit betrifft nur einen Teilaspekt des Lebens und ist daher keine Weltanschauung.
Eine Münchnerin und ihr Mann suchten im August 2011 eine Wohnung. Sie wurden auch fündig. Im Rahmen der anschließenden Vertragsverhandlungen erhielten sie einen nicht unterzeichneten Mietvertragsentwurf. Darüber hinaus wurden sie aufgefordert, eine Schufa-Auskunft und Gehaltsnachweise einzureichen. Von einem anderen Vermieter mieteten sie einen Tiefgaragenplatz im Anwesen.
Ende September 2011 bekamen sie mitgeteilt, dass sie die Wohnung nun doch nicht erhalten. Daraufhin machten sie Schadenersatzansprüche geltend. Schließlich sei der Eindruck erweckt worden, dass der Abschluss des Mietvertrags nur noch eine Formsache sei. Außerdem habe sie die Wohnung wahrscheinlich deshalb nicht erhalten, weil die Ehefrau in der Gewerkschaft sei. Die Vermieterin habe gegen diese Gewerkschaft einen Streit vor dem Arbeitsgericht geführt. Deshalb sei die Absage eine Sanktionsmaßnahme der Vermieterin, die gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verstoße. Niemand dürfe wegen seiner Weltanschauung benachteiligt werden.
Sie hätten ihre alte Wohnung geräumt und die dort befindliche Einbauküche 50% unter Marktpreis verkaufen müssen. Dadurch sei ihnen ein Schaden in Höhe von 2500 Euro entstanden. Da sie schnell eine Ersatzwohnung benötigten, hätten sie einen Makler beauftragt. Dafür seien Kosten in Höhe von 3046,40 Euro angefallen.
Die Vermieterin weigerte sich zu zahlen. Sie habe nie den Eindruck erweckt, der Vertragsabschluss sei sicher. Auch die von dem Ehepaar vorgebrachten Vermutugen würden nicht stimmen.
Die zuständige Richterin des Amtsgerichts München, vor das die Klage kam, wies diese ab:
Dem Ehepaar stehe kein Anspruch auf Schadensersatz zu.
Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch bei Abbruch der Vertragsverhandlungen sei, dass die eine Partei bei der Verhandlungsführung in zurechenbarer Weise Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrags erweckt habe. Das sei gegeben, wenn der Abbrechende den Vertragsschluss als sicher hingestellt habe.
Dies liege hier aber nicht vor. Die Anforderung von Schufa-Auskünften sowie Gehaltsnachweisen würden nicht nahelegen, dass ein Vertrag sicher geschlossen werde. Vielmehr handele es sich hier um die üblichen Auskünfte die, wenn man eine Wohnung anmieten wolle, gegeben werden müssten. Ebenso verhalte es sich mit der Übersendung eines Mietvertragsentwurfes. Auch hier werde der Vertragsschluss nicht sicher in Aussicht gestellt, sondern die potentiellen Mieter über die Mietvertragskonditionen informiert. Schließlich führe auch der Abschluss des Mietvertrages über den Tiefgaragenstellplatz im gleichen Anwesen nicht dazu, dass die potentiellen Mieter den Vertragsschluss als sicher in Aussicht gestellt bekamen. Schließlich sei der Garagenmietvertrag mit einem anderen Vermieter abgeschlossen worden.
Es bestehe auch keine Schadensersatzverpflichtung aufgrund eines Verstoßes gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Unklar sei schon, ob tatsächlich wegen der Gewerkschaftszugehörigkeit der Ehefrau der Vertrag nicht zustande gekommen sei. Ein entsprechendes Beweisangebot sei nicht vorgelegt worden. Darüber hinaus könne das Gericht in der Tatsache, dass die Ehefrau Mitglied in einer Gewerkschaft sei, keine Weltanschauung sehen. Eine derartige Zugehörigkeit betreffe nur einen Teilaspekt des Lebens, nämlich die berufliche Ebene. Eine Weltanschauung umfasse das ganze Leben in all seinen Aspekten.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Urteil des Amtsgerichts München vom 18.10.12, AZ 423 C 14869/12